Henri Michaux
Ohne Titel, 1970 von Henri Michaux Wo Sprache nicht hinreichte, da begann der belgisch-französische Dichter Henri Michaux (1899-1984) zu zeichnen. Der Autor von "Exorcismes", "Labyrinthes" und "Passages", um nur einige Werke zu nennen, hatte mit 23 Jahren nach der Lektüre von Dostojewski und "dem Schock der Texte Lautréamonts" begonnen, "ernsthaft" zu schreiben. (). Schon die karg-lyrischen, ostasiatischen Tuschzeichnungen ähnelnden kalligraphischen Kürzel () lassen wissen, daß sie nichts mit Literatur zu tun haben, aber sehr viel mit Schrift. Wie mit fliegendem Pinsel hat Michaux sie aufs Japanpapier gesetzt. Diese Zeichen wirken noch wie im Traum von oben nach unten oder quer übers Blatt geschrieben. (). Man könnte diese, sich hart ins weiche Papier grabenden, satzartigen Figurenkürzel als eine Prozession deuten oder als eine orthodoxe Litanei, die einem unumstößlichen Kodex folgen muß.(). Die abrupten, dabei verzitterten Unterbrechungen seiner Schriftlinien verraten den Tempowechsel der zeichnenden Hand. Michaux schrieb dazu: "Ich mache an mir die entsetzliche, aufregende Erfahrung, die darin besteht, das Tempo zu wechseln, es plötzlich zu verlieren, dafür ein anderes, unbekanntes, zu schnell zu finden...

Zitat von Ingeborg Ruthe in: Das andere Fenster zur Welt, Katalog der Galerie Nothelfer zum 100. Geburtstag des zeichnenden Dichters Henri Michaux, 1999.

Ohne Titel, 1970
Aquarell, Acryl auf Papier 38 x 28 cm
Foto: Katalog
Ohne Titel, 1960 von Henri Michaux
Ohne Titel, 1960
Tusche auf Papier 71 x 108 cm
Foto: Katalog
     
©  2002 01 19